Im neuen Entwurf zum Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD haben die Verhandlungspartner die Akzente leicht verschoben. Meine erste Einschätzung finden Sie hier. Die Änderungen im Überblick:
- Die Parteien bekennen sich nicht mehr nur „zur christlichen Prägung unseres Landes“, sondern wollen sich auf deren „Basis“ auch „für ein gleichberechtigtes gesellschaftliches Miteinander in Vielfalt“ einsetzen.
- Anstatt das kirchliche Arbeitsrecht dezidiert unangetastet zu lassen, wollen die Parteien nun die „kirchliche Prägung der entsprechenden Einrichtungen“ „achten“. Dies ist sicher eine Konzession an die SPD, in der sich viele für eine Aufhebung der Sonderregelungen im kirchlichen Arbeitsrecht stark gemacht haben. Ich bezweifle allerdings, dass in diesem Bereich Reformen gegen die Union durchsetzbar sind. Das Zugeständnis ist eher symbolischer Natur.
- Der letzte Satz des vorher diskutierten Entwurfs war als strittig gekennzeichnet: „Das bewährte Staatskirchenrecht in unserem Land ist eine geeignete Grundlage für eine umfassende partnerschaftliche Zusammenarbeit mit allen Religionsgemeinschaften.“ Strittig war in der Tat wie vermutet, ob der Staat mit allen Religionsgemeinschaften kooperieren soll. Im neuen Entwurf wird zwar „allen Religionen“ der „Freiraum zur Entfaltung ihres Glaubens“ zugesichert, die partnerschaftliche Zusammenarbeit aber nicht mehr mit „allen“ Religionsgemeinschaften befürwortet, sondern nur noch mit „den“ Religionsgemeinschaften. Das Wort „alle“ suggerierte in den Verhandlungen wohl einen zu starken normativen Anspruch. Mit der neuen Formulierung ist unklar, ob weitere Gemeinschaften in den Genuss der Kooperation mit dem Staat kommen sollen oder nicht.
Fazit: An der Oberfläche bekennt sich der Koalitionsvertrag stärker zu Vielfalt und Offenheit als zuvor. In den Einzelforderungen ist der Entwurf unkonkreter geworden. Das nutzt vor allem dem Status quo und somit der privilegierten Kooperation des Staates mit den beiden großen Kirchen.