Eltern haben kein Recht auf Ethikunterricht, hat das Bundesverwaltungsgericht heute in Leipzig entschieden. Das Grundgesetz privilegiere und schütze Religionsgemeinschaften in besonderer Weise. Es ist bedauerlich, dass das Schüler und Eltern keinen Anspruch auf ein alternatives Fach zum Religionsunterricht haben. Dadurch bleibt die Lenkungswirkung der Ausgestaltung der Religions- und Weltanschauungsunterrichte erhalten. Religionsunterricht wird meist schon für die jüngsten Schüler eingerichtet, um sie langfristig zu binden. Ethikunterricht hingegen wird häufig nur für die ältesten – und damit religionsmündigen – Schüler eingeführt, um ihnen die Abmeldung vom Religionsunterricht zu erschweren. Denn ohne Ethikunterricht hätten sie eine Freistunde, die für nicht wenige attraktiver ist als Religion.
Ein kleiner Trost ist, dass das Bundesverwaltungsgericht einen religiös-weltanschaulich-moralischen Bildungsauftrag des Staates verneint. Die Vermittlung von Bekenntnissen und Werten bleibt in der primären Verantwortung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Aktuell fehlt es im Angebot der bekenntnisgebundenen Unterrichte jedoch häufig an Vielfalt. So beeinflussen Bundesländer wie Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen den Islamischen Religionsunterricht durch Mitspracherechte bei der Beiratsbesetzung von Lehrstühlen für islamische Theologie. Gleichzeitig verhindern einige Bundesländer ganz bewusst die Einführung eines bekenntnisgebundenen Weltanschauungsunterrichts wie bspw. Lebenskunde des Humanistischen Verbands. Wir brauchen eine konsequente Öffnung der Schulen für ein breites Angebot an Religions- und Weltanschauungsunterricht. Es darf keine politische Entscheidung sein, welche Bekenntnisgemeinschaft in den Schulen lehren darf und welche nicht.
Als Werteunterricht für Nichtreligiöse ist der Ethikunterricht vollkommen ungeeignet. Ein staatlicher Unterricht muss neutral sein, er darf nur informieren und darf damit nicht nichtreligiös sein – aber eben auch nicht religiös. Wer einen nichtreligiösen Werteunterricht will, sollte die Angebote und Initiativen zum Beispiel des Humanistischen Verbands unterstützen, der genau dies bietet. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat erneut eindrucksvoll gezeigt: Wer seine Interessen nicht organisiert, kann sie nicht durchsetzen.
An die Bundesländer appelliere ich, den Ethikunterricht dennoch ab der 1. Klasse als Alternative zum Religionsunterricht anzubieten, ihn personell aufzustocken und die Lehrerausbildung zu verbessern. Denn selbst wenn Bekenntnisgemeinschaften die ersten Ansprechpartner für einen Unterricht über Werte sein müssen, so zeigt die demographische Entwicklung doch auf, dass immer mehr Schüler konfessionell ungebunden sind.